
Schweigen am Arbeitsplatz – mehr als nur Funkstille
Wenn dein Gegenüber schweigt – und du nicht weißt, woran du bist
In den letzten Jahren hat sich unsere Kommunikationskultur stark gewandelt. Ob im privaten oder beruflichen Umfeld – das Phänomen des plötzlichen Schweigens tritt immer häufiger auf. Gerade im Arbeitskontext stellen sich viele die Frage: Wie lässt sich das Schweigen am Arbeitsplatz überwinden?
Denn wenn Führungskräfte oder Kolleg:innen auf Anfragen, Feedback oder Gesprächswünsche gar nicht oder nur ausweichend reagieren, bleibt eine seltsame Leerstelle zurück. Es gibt kein explizites Nein, aber eben auch kein Ja. Es gibt keinen offenen Konflikt, aber auch keine Klärung – stattdessen stellt sich ein stetig wachsendes Gefühl von Unsicherheit ein.
Wie kannst du das Schweigen am Arbeitsplatz überwinden?
Psychische und körperliche Auswirkungen
Dieses Schweigen tut weh, besonders wenn du viel investiert hast und dir Klarheit und eine gute Beziehung wichtig sind. Hast du schon einmal erlebt, wie sich das anfühlt? Die Reaktionen, die dieses Schweigen in dir auslöst, können vielfältig sein und sich sowohl psychisch als auch körperlich bemerkbar machen.
Psychische Reaktionen
Vielleicht kommen dir plötzlich Zweifel an dir selbst. Du fragst dich, ob du zu viel verlangt hast oder zu sensibel bist. Vielleicht hast du das Gefühl, unsichtbar zu sein, nicht gesehen oder gehört zu werden. Solche Gedanken können das Gefühl von Wertlosigkeit verstärken und zu innerer Unruhe führen. Hast du dich schon einmal gefragt: „Bin ich selbst schuld an dieser Stille?“ Gerade wenn du dich oft anpasst, können solche Situationen alte Bindungsmuster aktivieren. Möglicherweise hast du schon früh gelernt, dass deine Bedürfnisse nicht gehört werden, und nun löst das Schweigen wieder das Gefühl der Hilflosigkeit aus.
Emotionale Reaktionen
Emotional kann sich das Schweigen in Traurigkeit, Wut oder Scham äußern. Du fragst dich, warum deine Lösungsvorschläge und Bemühungen nicht wahrgenommen werden, und wünschst dir eine Reaktion, eine Bestätigung. Es kann der Impuls entstehen, dich zu rechtfertigen oder noch mehr anzustrengen – in der Hoffnung, gehört zu werden. Oder du ziehst dich ganz zurück, um dich vor der Enttäuschung zu schützen. Diese innere Kündigung kann schleichend passieren und dich in einen Zustand der Resignation versetzen.
Körperliche Reaktionen
Körperlich kann das Schweigen ebenso stark wirken. Schlafstörungen, innere Unruhe, Kopfschmerzen oder Magenprobleme sind häufige Symptome von psychosozialem Stress. Deine Energie fließt in die Verarbeitung des Schweigens und macht es dir schwer, dich zu erholen. Vielleicht spürst du auch eine allgemeine Erschöpfung, die du dir zunächst nicht erklären kannst.
Schutzreaktionen: Was dein Nervensystem macht
Unser Nervensystem reagiert auf solche psychosozialen Belastungen mit Schutzmechanismen, die tief verankert sind. Diese laufen unbewusst ab und beeinflussen, wie du in solchen Momenten handelst. Findest du dich in einem dieser Muster wieder?
- Fight (Kampf): Du suchst immer wieder nach Lösungen, möchtest souverän bleiben, Klarheit schaffen, die Situation ansprechen und eine Antwort einfordern
- Flight (Flucht): Du möchtest Abstand – physisch und/oder emotional – und dich entziehen
- Freeze (Erstarren): Du funktionierst weiter, gehst in den Durchhaltemodus, ohne wirklich zu fühlen, was du erlebst. Du bist innerlich betäubt
- Tend and Befriend (Anpassung/sich kümmern und soziale Bindungen/Netzwerke aufbauen): Du versuchst, zu beschwichtigen, Verständnis zu zeigen und dich noch mehr anzupassen – in der Hoffnung, dass deine Bemühungen erkannt werden
Es ist enorm hilfreich, deine Reaktionsmuster zu erkennen – um zu verstehen, wie du auf das Schweigen reagierst und warum du dich in bestimmten Situationen immer wieder auf ähnliche Weise verhältst. So kannst du dir selbst mit mehr Verständnis begegnen, statt dich zusätzlich mit Selbstvorwürfen und Selbstabwertung zu belasten.
Wichtiger Perspektivwechsel: Du bist nicht verantwortlich für das Verhalten anderer
Mach dir bewusst: Du bist nicht verantwortlich für das Verhalten anderer. Dass du ignoriert wirst, sagt nichts über deinen Wert oder deine Fähigkeiten aus. Es ist vielmehr ein Spiegel der Strukturen und Dynamiken, in denen du dich bewegst – und manchmal auch Ausdruck der Unsicherheit oder Überforderung anderer.
Wie kannst du konkret das Schweigen am Arbeitsplatz besser bewältigen?
- Sorge gut für dich: Achte auf deine Energie und deine Ressourcen. Kleine Pausen, bewusste Auszeiten und Aktivitäten, die dir guttun, helfen, dich zu stabilisieren und Kraft zu schöpfen. Was tut dir gut und gibt dir Energie?
- Setze klare Grenzen! Du musst nicht alles hinnehmen. Es ist legitim, deine Bedürfnisse zu formulieren, auch wenn das Mut kostet. Wenn ein Gespräch nicht ausreicht oder gar nicht erst zustande kommt, um Bewegung in festgefahrene Situationen zu bringen, dann mache dir klar, wo deine persönlichen Grenzen liegen. Die eigenen Grenzen zu kennen und zu respektieren, ist ein wichtiger Schritt, um sich selbst und sein körperliches und seelisches Wohlbefinden zu schützen. Welche Grenzen möchtest du setzen?
- Suche dir Verbündete: Sprich mit Menschen, denen du vertraust – sei es im Team, im Freundeskreis oder außerhalb des Unternehmens. Schon das Aussprechen deiner Erfahrungen kann entlasten und neue Perspektiven eröffnen. Mit wem könntest du darüber sprechen?
- Hole dir professionelle Unterstützung, wenn nötig: Manche Situationen lassen sich nicht allein auflösen. Ein Gespräch mit einer externen Beratungsstelle, einer Therapeutin oder einem Coach kann helfen, die eigenen Handlungsspielräume zu erkennen und neue Wege zu finden. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen?
- Prüfe deine Optionen: Wenn sich trotz aller Bemühungen nichts ändert und die Belastung bleibt, ist es kein Zeichen von Schwäche, über Alternativen nachzudenken – auch wenn ein Wechsel nicht immer sofort möglich ist. Schon das Nachdenken über andere Wege kann entlasten und neue Perspektiven eröffnen. Welche Optionen siehst du für dich?
Was tun, wenn du dich nicht wertgeschätzt fühlst?
Du hast das Recht, gesehen, respektiert und als einzigartiger Mensch wahrgenommen zu werden – mit eigenen Ideen, Grenzen und grundlegenden Bedürfnissen nach Sicherheit, Wertschätzung, Zugehörigkeit und Selbstbestimmung.
Lass nicht zu, dass Unsicherheit oder Anpassungsdruck deine Gesundheit und dein Wohlbefinden gefährden. Es ist essenziell, deine eigenen Bedürfnisse zu erkennen und ihnen Priorität zu geben.
Selbstwertschätzung bedeutet, dir selbst Anerkennung zu schenken, für dich einzustehen und deine Grenzen zu achten. Veränderung beginnt oft dort, wo du dich selbst ernst nimmst – und mutig für dein Bedürfnis nach einem respektvollen, klaren Miteinander eintrittst. Auch – und gerade – am Arbeitsplatz.

Hallo, ich bin Barbara Leppelt
Ich blogge über mentale Gesundheit, weil mir ein gesundes Arbeits- und Lernumfeld sowie eine Gesellschaft am Herzen liegen, in der wir uns gegenseitig unterstützen und psychische Gesundheit genauso wichtig nehmen wie körperliche.
Ich begleite Menschen wie dich dabei, den Druck aus Alltag, Studium und Beruf zu nehmen, um wieder mehr Leichtigkeit und Ausgeglichenheit zu finden. Gemeinsam schauen wir, wie du besser für dich sorgen kannst – ohne das Gefühl zu haben, andere im Stich zu lassen.
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